200 Seiten Taschenbuch

Jedes Exemplar ist nummeriert und enthält einen Downloadcode für die CD Devourer der Band Sorrowfield.

Erschienen am 11.10.2009.

ISBN 978-3-940036-03-2

Ladenpreis 11,90 Euro (plus Porto und Verpackung)
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Geschichten über Menschen, die aus ihrem Alltag gerissen werden und sich einem Schicksal stellen müssen, das an Ekel und Bizarrerie ihre Vorstellungen übersteigt. Sie sind die Auserwählten, die Wiedergeburt einer Rasse, die sich anschickt, den Planeten ein weiteres Mal zu erobern.

Titelbild von Chris Schlicht

Eine Anthologie der Edition Geschichtenweber

Leseprobe aus "Symbiose":

Jan bemerkte, dass sein Zögern, den ersten Schnitt zu setzen, von den Umstehenden mit einer gewissen Missbilligung betrachtet wurde. Er hatte die Hand mit dem Skalpell über dem Brustkorb in der Luft schweben lassen und das Gesicht des Toten angestarrt. Ein Gefühl der Beklemmung beschlich ihn. Zum ersten Mal, seit er dieser Arbeit nachkam, hatte er das Gefühl, einen Fehler zu machen. Die Totenruhe zu stören. Normalerweise sagte er sich in diesen Augenblicken, dass er ja nichts weiter tat, als die Wahrheit über das Ableben einer Person herauszufinden und so ihren Mörder zu stellen. Doch hier war das anders. Einen Mörder, den man hätte verurteilen können, gab es nicht mehr.

Auch die Symbole die man dem Mann auf den Brustkorb tätowiert hatte, beunruhigten ihn, auch wenn er nicht sagen konnte warum. Er musste sie jetzt zerschneiden...

"Was haben sie denn, Dr. Seiler?", fragte jemand von der Seite und Jan schüttelte den Kopf um klar zu werden.

Neben ihm stand der Konservator des Landesmuseums, der eine Ausstellung über die Skythen in die Stadt geholt hatte und sich gefreut hatte wie ein kleines Kind, als man ihm die Genehmigung erteilte, den Körper der Mumie obduzieren zu lassen. Jan seufzte. "Entschuldigung, Dr. Kaufmann, aber ich habe das erste Mal in meinem Berufsleben Skrupel, die Totenruhe zu stören ... schon gut, ich lege los!"

Trotzdem legte er erst einmal das Skalpell wieder weg, um sich die schon steif gewordene Hand auszuschütteln. Der Konservator übersetzte den anderen beiden Anwesenden, was Jan gesagt hatte. Der eine hob zweifelnd die Brauen, der andere lachte polternd. Die beiden Russen waren Jan nicht sonderlich sympathisch. Schon allein deshalb, weil er erfahren hatte, dass der Mann, der so spöttisch lachte, zum Inlandsgeheimdienst FSB gehörte. Der andere Mann, ein hagerer, rattenhafter Kerl mit dicker Brille, war der Kollege von Kaufmann vom Moskauer Puschkin-Museum.

Die spöttischen Blicke waren zuviel für Jan. Vor allem der bullige Kerl vom FSB ging ihm auf die Nerven. So nahm er schließlich doch wieder das Skalpell zur Hand und machte einen sauberen Schnitt vom Schlüsselbeinansatz bis zum Bauchnabel. Das scharfe Skalpell glitt durch die lederartige Haut wie durch Butter, aber anders als bei frisch Verstorbenen klaffte die Haut nicht plötzlich weit auf und legte die Innereien frei. Die Symbole auf der Brust des Toten wurden auf der Mittellinie durchtrennt.

Gerade als Jan noch einmal nachsetzen wollte, um den Schnitt so weit zu vergrößern, dass man die steife Haut auseinanderdrücken konnte und der FSB-Mann eine aufmunternde Bemerkung machte, die er nicht verstand, brach das Chaos los. Die Mumie bäumte sich unter seinen Händen auf, der harte Körper schlug ihm das Skalpell aus der Hand. Eine Wolke feinster, blutroter Tröpfchen quoll in aberwitziger Geschwindigkeit aus dem Schnitt und ballte sich über der Mumie zu einer kompakten Masse zusammen.

Jan tastete sich zurück, bis er die Wand hinter sich spürte. Wie den anderen fehlte es ihm aber an Reflex zur Flucht. Er konnte nur mit weit aufgerissenen Augen und Mund auf das seltsame Gebilde über dem Obduktionstisch starren. In die Wolke kam Bewegung und sie schoss auf den am nächsten stehen Mann zu: Dr. Kaufmann, den Konservator. Durch den geöffneten Mund trat sie in dessen Körper ein und Kaufmann riss seine Hände zu seinem Herzen hoch. Mit einem Schwall Blut zusammen fuhr auch die rote Wolke wieder aus seinem Körper heraus und näherte sich dem Moskauer Konservator. Der schloss sofort seinen bis dahin offen stehenden Mund, doch die Wolke drang durch seine Nase genauso mühelos ein. Der Mann begann zu husten und dicke, blutige Brocken schossen in irrwitziger Geschwindigkeit aus seinem Hals. Als er atemlos zusammenbrach, entschwand die Wolke auch aus seinem Körper.

Der bullige Geheimdienstmann löste sich aus seiner Starre und zog eine bis dahin in einem Halfter in seiner Achselhöhle verborgene Pistole. Er feuerte zwei Mal. Doch das hinderte die Wolke nicht, sich auch seines Körpers zu bemächtigen.

Alles ging so wahnsinnig schnell, dass Jan nicht mehr tun konnte, als schreckensstarr zuzusehen, wie sich im Rücken des Russen ein großer Fleck auf dem Stoffe seines teuren Anzugs bildete. Es schien, als wäre er von innen heraus geplatzt. Die Pistole entglitt seiner Hand und der Mann stürzte um wie ein gefällter Baum.

Der Schuss war nicht ungehört geblieben, aber für Jan kam der Alarm zu spät. Wie hypnotisiert starrte er auf die Wolke, die wieder aus dem Körper des nunmehr toten Russen heraus gekommen war. Dann fuhr sie auch auf ihn zu. Jan wollte schreien, doch es gelang ihm nicht, da im gleichen Augenblick die Wolke seinen weit aufgerissenen Mund als Eingang benutzte.

Die Welt explodierte vor seinen Augen, ein höllischer Schmerz durchfuhr ihn und schließlich gelang es ihm tatsächlich, zu schreien...

Dann wurde es dunkel um ihn herum.

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